Stoppen Sie die Diskriminierung der deutschen Kinder!

Am 22. März 2023 fand im Sitz des DFK-Kreisverbandes Ratibor eine Pressekonferenz statt, um gegen die Diskriminierung der Kinder der deutschen Minderheit zu protestieren. An der Konferenz nahmen teil: der Abgeordnete der Deutschen Minderheit im Sejm der Republik Polen – Ryszard Galla, Vorsitzende des Deutschen Freundschaftskreises im Bezirk Schlesien – Martin Lippa, der Gemeindevorsteher von Groß Peterwitz – Andrzej Wawrzynek, stellvertretender Gemeindevorsteher von  Rudnik – Tomasz Kruppa, Deutschlehrerin und DFK-Kreisvorsitzende in Gleiwitz – Agnieszka Dłociok, DFK-Kreisvorsitzender in Ratibor – Waldemar Świerczek und Schülerin der 8. Klasse – Karolina Świerczek.

Die Aufzeichnung der Konferenz ist auf dem YouTube-Kanal der Radioredaktion Mittendrin zu finden.

Ab dem 1. September 2022 wurde der Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache an polnischen Schulen durch den Beschluss des Sejms der Republik Polen von drei auf eine Stunde pro Woche reduziert. Die Kürzung der Finanzmittel für den Unterricht in der Minderheitensprache betrifft nur die deutsche Minderheit – und sie gilt für das ganze Land, nicht nur für die Woiwodschaften Oppeln und Schlesien. Die Kürzung der Mittel erfolgte auf Vorschlag des für seine antideutschen Äußerungen bekannten Abgeordneten aus Oppeln, Janusz Kowalski (Zjednoczona Prawica). Dies sollte angeblich ein Schritt zur Einführung von Symmetrie im Unterricht der Muttersprache für die deutsche Minderheit in Polen und die in Deutschland lebende Polonia sein. Obwohl die Regierung der Bundesrepublik Deutschland Bildungsfragen den Bundesländern übertragen hat, stellte die Bundesregierung – um den Erwartungen der in Deutschland lebenden Polen gerecht zu werden – eine Million Euro für die Untersuchung des tatsächlichen Weiterbildungsbedarfs und innerhalb weniger Monate weitere vier Millionen Euro für den Polnischunterricht für die nächsten zwei Jahre bereit. Das Geld, das die polnische Regierung der deutschen Minderheit in Polen abnahm, sollte für den Polnischunterricht in Deutschland verwendet werden (doch bislang wurde kein einziger Złoty dafür ausgegeben).

Am 7. März 2023 war ein Jahr vergangen, seit die Petition an das Ministerium für Bildung und Wissenschaft über die Wiederherstellung des Deutschunterrichts im bisherigen Umfang, die von fast 15.000 polnischen Bürgern unterzeichnet worden war, eingereicht wurde. Eltern und Lehrer warten immer noch darauf, dass die darin enthaltenen Forderungen berücksichtigt werden. Am 22. Januar 2023 traf sich Minister Przemysław Czarnek mit Vertretern der deutschen Minderheit in Oppeln und verkündete die Wiederaufnahme des Deutschunterrichts. Seit diesem Treffen sind zwei Monate vergangen – und es ist immer noch nichts passiert. Agnieszka Dłociok, Lehrerin und DFK-Kreisvorsitzende in Gleiwitz, nahm an dem Treffen mit dem Minister teil: Seit es diese Diskriminierung gibt, das heißt, seit uns das Geld weggenommen wurde, kämpfen wir, bitten wir, handeln wir. Die Lehrer verlieren ihre Arbeitsplätze. Sie rufen mich an und fragen: ‚Was nun?‘ Was soll ich ihnen sagen? Ich bitte den Minister, sich daran zu halten, was er versprochen hat, denn was man den Kindern verspricht, hält man auch. Jeder, der mit Kindern arbeitet, weiß das.

Martin Lippa sprach von Rechten: Wir sind loyale Bürger unseres Landes und als nationale Minderheit haben wir das Recht, unsere Muttersprache im staatlichen Bildungssystem zu erlernen, genauso wie alle anderen in Polen anerkannten Minderheiten – damit unsere Sprache als wesentlicher Bestandteil unserer kulturellen Identität erhalten bleibt. Ich weiß, dass die Vertreter anderer Minderheiten in Polen mit unserer Erwartung solidarisch sind, wieder drei Stunden Unterricht pro Woche zu haben. Ähnlich sieht es auch der Bürgerbeauftragte.

Die deutsche Minderheit wird nicht nur von anderen Minderheiten unterstützt, sondern auch von den Gemeinden; auch dies wurde von dem DFK-Vorsitzenden Martin Lippa erwähnt, nämlich, dass einige Gemeinden, um die Kontinuität in der Bildung der Kinder zu gewährleisten, die Kosten für den zusätzlichen Deutschunterricht aus ihrem eigenen Budget tragen: Es gibt Gemeinden, die den Erwartungen der Bewohner gerecht werden und aus eigenen Mitteln eine, manchmal sogar zwei der Stunden, die den Kindern genommen wurden, hinzugefügt haben. Ein solches Beispiel ist Groß Peterwitz (Pietrowice Wielkie), als einzige Gemeinde im Landkreis Ratibor.

Der Gemeindevorsteher von Groß Peterwitz, Andrzej Wawrzynek, ergriff während der Konferenz ebenfalls das Wort. Er unterstrich, dass diese Situation für ihn unverständlich sei: Auch wir, als Initiative der Selbstverwaltung aus dem Landkreis Ratibor (mehrerer Vertreter aus mehreren Gemeinden des Landkreises Ratibor, Anm. d. Red.), trafen uns mit Minister Czarnek. Er sagte, er würde sich bis zum Ende des Schuljahres damit befassen, aber seitdem ist nicht viel passiert. Die Sprache ist ‚international‘, ich weiß nicht, wer etwas Schlechtes darin sieht. Unsere Gemeinde ist eine dreikulturelle Gemeinde: eine deutsche, polnische und tschechische. Wir haben das Wappen, das diese drei Herzen verbindet und es gab nie Probleme damit. Das Erlernen der deutschen Sprache war auch ein wichtiger Bestandteil im Leben unserer Gemeinde, weshalb wir selbst die Initiative ergriffen haben, als wir diese Mittel nicht erhielten. Das ist eine große finanzielle Belastung für uns, aber ich denke, dass das Problem irgendwie gelöst werden kann. Ich kann nicht verstehen, dass andere nationale Minderheiten in unserem Land finanziell unterstützt werden können – und die deutsche hat einen solchen Schlag erlitten.

Ryszard Galla, der Abgeordnete des Sejm der Republik Polen, unterstich während der Pressekonferenz, dass die Kinder erst wieder drei Stunden wöchentlich Deutsch als Minderheitensprache lernen könnten, wenn die Verordnung aufgehoben wird; es gebe keinen anderen Weg. Der Sejm-Angeordnete sprach auch über seine Ängste – und über das, was man in den Medien sehen und lesen könne: Das ist eine offensichtliche Diskriminierung. Das ist ein Verstoß gegen jede Art von Bestimmungen internationaler und europäischer Verträge. Das ist eine Verletzung der Verfassung, des Gesetzes über nationale Minderheiten und vor allem des Gesetzes über das Bildungssystem. […] In den Medien wird berichtet, dass angeblich eine Kommission eingesetzt wird, um ein Schlichtungssystem zu entwickeln, es werden Maßnahmen ergriffen – ich kann Ihnen versichern, dass nichts außer Medienberichten geschieht. Ich befürchte, dass dies nur der Beginn einer Kampagne ist, in der man antideutsche Töne spielen und polnische Bürgerinnen und Bürger in dieses ganze Problem hineinziehen will. […] Tatsächlich ist es gefährlich, wenn der Minister in den Medien sagt: ‚Ja, er treffe bereits eine Entscheidung.‘ Unter unseren Bewohnern kann man immer öfter hören: Ihr habt die Sache erledigt. Der Minister hat das arrangiert, das heißt, er wird diese Stunden zurückgeben.‘ Nein! Diese Stunden gibt es nicht. Und es wird sie nicht geben, bis die Verordnung aufgehoben ist.

Bisher ist die Diskriminierung von circa 50.000 Kindern in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union im 21. Jahrhundert beinahe unbemerkt geblieben. Die Eltern beschlossen, die Unterschriftensammlung wieder aufzunehmen. Die Petition kann von jedem unterschrieben werden: sowohl von Angehörigen der deutschen Minderheit als auch von Angehörigen der polnischen Mehrheit. Denn nach dem Gesetz dürfen auch polnische Kinder, die in einem Gebiet leben, in dem die deutsche Minderheit lebt, den Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache in Anspruch nehmen. Die Petition ist unter folgendem Link abrufbar:

https://www.petycjeonline.com/stopdyskryminacji