Symbol der lebendigen Geschichte

Eine 2,45 m hohe Skulptur stand am 8. September im Zentrum des Geschehens in Ratibor. Das Denkmal zeigt Joseph Freiherr von Eichendorff sitzend auf einem Baumstamm, Stift und Papier in den Händen, was auf das poetische Schaffen des romantischen Dichters hinweist.

Das Denkmal zu Ehren des Freiherrn befindet sich an der Mickiewicz-Straße im Herzen Ratibors. Genau dort fanden am 8. September die Feierlichkeiten anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Wiederenthüllung des Eichendorff-Denkmals statt.

Das bronzene Ursprungsdenkmal wurde 1909 vom Bildhauer Johannes Boese aus Ratibor geschaffen. Nach dem Einmarsch der Roten Armee im Frühjahr 1945 verschwand dieses jedoch spurlos. Vor 25 Jahren initiierte der Deutsche Freundschaftskreis im Bezirk Schlesien die Wiedererrichtung des Denkmals. Diese Aufgabe bekam Georg Latton aus Kreuzenort (Krzyżanowice), Erschaffer des Denkmals. Am 4. September 1994 wurde die Kopie des Denkmals, 85 Jahre nach der ersten Enthüllung in einem Festakt mit Heiliger Messe eingeweiht und enthüllt. Damals nahmen fast 5000 Menschen an den Feierlichkeiten teil, darunter auch der Herzog von Ratibor, Franz Albrecht Metternich-Sandor.

In diesem Jahr jährte sich dieses Ereignis zum 25. Mal und der Deutsche Freundschaftskreis in der Woiwodschaft Schlesien beschloss, es auch angemessen zu feiern. Den Auftakt bildete, wie vor 25 Jahren, eine deutschsprachige Messe, die in der Jakobuskirche am Ring stattfand. Während der Messe wie auch bei der anschließenden Zeremonie vor dem Denkmal, sorgten zwei DFK-Chöre, der Eichendorffchor und der Cäcilienchor, für die musikalische Umrahmung. Nach der Hl. Messe ging es mit einem Umzug zum Denkmal.

25 Jahre nach der Wiederenthüllung des Eichendorff-Denkmals versammelten sich an der Mickiewicz-Straße wieder viele Sympathisanten des Dichters, um sich wieder zu erinnern, warum diese Persönlichkeit so wichtig für unsere Region ist. Und so wurde bei den Feierlichkeiten nicht nur an das historische und symbolische Ereignis der Wiederenthüllung erinnert, sondern auch an den Dichter selbst: „Josef von Eichendorff gehört noch heute zu den bedeutendsten und auch am meisten bewunderten deutschen Schriftstellern. Was lässt Eichendorff bis heute so aktuell erscheinen? Nun, Eichendorff kannte die Welt, heute würde er als Kosmopolit gelten. Er selbst würde sich vielleicht als einen weltoffenen Europäer bezeichnen. Doch er lebte damals in einer Zeit vielfältigster Umbrüche. Ja, Eichendorff war katholisch und er war patriotisch. Er liebte sein Land, er liebte seine Heimat. Aber anders als so viele andere Romantiker verfiel er keiner nationalistischen Tendenz, die andere Volksgruppen oder Personengruppen, die nicht dem Mainstream entsprachen, herabstufte oder diskriminierte. Er suchte das friedliche Miteinander. Und damit war er seiner Zeit weit voraus. Denn wie wichtig es ist, ein europäisches Miteinander im Bewusstsein der europäischen Vielfalt zu leben, zu pflegen und zu intensivieren, das wissen wir alle“, so die deutsche Konsulin in Oppeln, Birgit Fisel-Rösle. Die Konsulin hat auch die Initiatoren des Wiederaufbaus des Denkmals nicht vergessen und war der Meinung, dass auch Eichendorff seinerzeit Dr. Josef Gonschior, Blasius Hanczuch und Georg Latton dankbar gewesen wäre für ihre Initiative, die sie vor 25 Jahren ergriffen haben.

Und für den Erschaffer des Denkmals, Georg Latton, waren diese Feierlichkeiten auch ein großes Erlebnis: „Ich bin stolz darauf, dass ich es erleben konnte und ich bin sehr zufrieden, dass der Eichendorff weiterhin steht, denn das war mein Lebenswunsch. Und man kann sagen, dass das Denkmal auch mein Lebenswerk ist, da ich eigentlich keine künstlerische Ausbildung habe, aber ich habe damals der Idee zugesagt - und es ist auch gelungen.“

Anwesend war auch der Vorsitzender des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, Bernard Gaida, für den das Denkmal eine große Symbolik beinhaltet: „Für mich ist das Denkmal von Eichendorff, das in Ratibor seit 25 Jahren wieder steht, ein Symbol der Rückkehr eines Kulturerbes, das man aus der schlesischen Heimat, aus der schlesischen Erde vertreiben wollte. Und deswegen ist dieses Denkmal nach dem Krieg verschwunden. Und für diese Initiative, die damals vor 25 Jahren stattfand, können wir heute nur dankbar sein. Im polnischen Ratibor, wo das deutsche Kulturerbe einfach zu Hause ist und sein soll, ist dieses Denkmal ein Symbol dafür, dass die Geschichte Schlesiens lebendig geblieben ist.“

Das Jubiläum der Wiederenthüllung des Eichendorff-Denkmals wurde auf zwei Tage aufgeteilt. Am Samstag, den 7. September, fand im Oberschlesischen Eichendorff- Kultur- und Begegnungszentrum in Lubowitz eine populärwissenschaftliche Konferenz statt. Die Vorträge handelten hauptsächlich über die Person von Eichendorff und sein Wirken in den heutigen Zeiten. Nicht nur in der Literatur, sondern auch durch die Benennung der Straßen, Grünflächen oder Schulen mit seinem Namen wie auch im Bewusstsein der jungen Menschen. Bei dieser Zielgruppe wurde eine Umfrage durchgeführt, wer eigentlich Eichendorff ist. Die Ergebnisse waren allerdings nicht befriedigend. Deshalb stellte man sich auch während der Konferenz die Frage, was man tun könnte und machen sollte machen, um Eichendorff bekannter zu machen. Dies ist durchaus eine Herausforderung für die Zukunft.

Solche Ereignisse wie das Jubiläum des Eichendorff-Denkmals sind auch eine gute Gelegenheit, um den Menschen für ihr Engagement zu danken. Und so war es auch am Sonntag. Nach den Hauptfeierlichkeiten am Denkmal wurden alle in das Ratiborer Kulturzentrum eingeladen. Den Auftakt dort machte ein Dokumentationsfilm von Josef Cyrus „Rückkehr der Dichters“. Die Zuschauer verfolgten die Entstehung des Denkmals, den Transport von Gleiwitz nach Ratibor, die Aufstellung auf dem Sockel bis hin zur feierlichen Enthüllung. Nach dem Film gab es Zeit für die Auszeichnungen und Danksagungen. Eugeniusz Nagel, der Vorsitzende des DFK Kreises Kattowitz, wurde für seine langjährige Tätigkeit und sein großes Engagement in den Strukturen der deutschen Minderheit mit der VdG-Ehrennadel ausgezeichnet. Eine Danksagung ging auch an die Gesellschaft für kulturelle Auslandsarbeit e.V. Bonn. Und Josef Grüger wurde mit der Eichendorff-Medaille ausgezeichnet. Das Programm der Feierlichkeiten endeten mit den Auftritten vom Liederhort-Chor aus Rybnik, den Heimatchor aus Gleiwitz-Ostropa und dem Konzert des deutschen Künstlers Hans Bollinger.

Michaela Koczwara